Test BMW F 900 XR

Die neue Mitte

image Fotos: Motorradtest.de

XR? Da war doch was? Genau, die 165 PS starke S 1000 XR von BMW, die aussieht wie ein Adventure Bike, aber ähnlich der Ducati Multistrada im Grunde ein verkleidetes Superbike ist. Hängt sich die neue F 900 XR ebenso weit aus dem Fenster? Der Test klärt es.

Einleitung

Die neue Mittelklasse von BMW soll die Fans wieder mit der Marke verbinden, nachdem die Bayern hier lange Zeit vergleichsweise inaktiv waren. Dazu griffen sich die Entwickler den in China gebauten Motor der F 850 GS, bohrten den Zweizylinder-Reihenmotor auf 895 Kubik auf und erzielten so 105 PS. Wahlweise, das vorweg, ist sie mit nur 95 PS erhältlich, die in einer zweiten Runde auf A2-taugliche 46 PS gedrosselt werden können. Hier zum Test steht die Vollfett-Stufe der 900er vor uns, und man mag kurz die technischen Daten Revue passieren lassen. Klar, die 105 PS erzeugen bei dem Gewicht von 220 Kilo eine gewisse Vorfreude, doch für den Alltag könnte wichtiger sein, dass zwischen 4500 und 8500 Touren immer mindestens 87 Newtonmeter bereit stehen.

Einzigartig an der BMW ist ein weiteres Feature (und dabei meinen wir nicht die ultracoole Farbe gold, die die Testmaschine trägt), nämlich ihre ungeheure Variabilität bei der Sitzhöhe. Du bist eher klein oder besonders lang geraten? Kein Problem, im Normalfall kann die Sitzhöhe von serienmäßigen 825 Millimetern dank optionaler Sitzbänke zwischen 775 bis 870 Millimeter angepasst werden. Immer noch zu hoch? Immer noch kein Problem, BMW bietet eine zusätzliche Tieferlegung an.

Virtueller Rundgang um die BMW F 900 XR
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Das soll sie können

Man kann keinen Test über eine BMW schreiben, ohne auf die Kosten einzugehen. Qualität hat ihren Preis, schon klar. Nackt kostet die F 900 XR 11.400 Euro, was okay ist. Die meisten BMW-Käufer bevorzugen voll ausgestattete Maschinen, was BMW gerne in Paketen zusammenfasst – im Fall der XR sind es vier davon - und so ausgerüstet für 15.025 Euro auf den Hof des Händlers stellt. Was preislich sicher die nördlichste Grenze der Mittelklasse darstellt. Zu den Extras gleich mehr, aber ein Umstand verwundert besonders: Die BMW F 900 XR hat ein technisch nahezu baugleiches (Rahmen, Fahrwerk, Motor) Schwestermodell, das Naked-Bike F 900 R. Und die steht für ab 8.800 beim Händler. 2.600 Euro Aufpreis für eine andere Verkleidung der identischen Technik?

Die Grundausstattung der F 900 XR ist nicht mehr ganz so karg wie früher. Das hervorragend ablesbare TFT-Display ist beispielsweise Serie. Kurvenlicht auch, zwei Fahrmodi gibt es gratis dazu. Ärgerlich ist, dass für sicherheitsrelevante Dinge extra gezahlt werden muss. Dazu zählen die Aufrüstung des ABS zum Kurven-ABS oder die dynamische Traktionskontrolle DTC, die mit Gyrosensoren arbeitet und deshalb die Schräglagen- sowie Gier- und Nickrate in die Rechnung einbezieht.

Genug der Theorie – dann mal los.

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So fährt sie sich

Dank der anpassungsfähigen Sitzhöhe und der bequemen Sitzbank ist schon der Erstkontakt positiv. Auch die Sitzhaltung ist angenehm aufrecht, ein wenig sportlich, aber nicht zu viel, der Kniewinkel passt ebenfalls.

Prinzipiell ist auch die Bedienung sehr eingängig und mit den leicht verständlichen Schaltern in sich logisch. Nur: Wer viele Kreuzchen in der Aufpreisliste verteilt hat, muss viel einstellen. Eine komplette Erklärung würde hier den Rahmen sprengen, es sei aber versichert, dass man nach kurzer Eingewöhnung mit dem System der BMW gut klarkommt.

Knopf gedrückt, Motor gestartet und schon geht’s ab. Und wie – klar, 105 PS hatten früher nur reinrassige Rennbikes, heute finden wir das in der Mittelklasse angemessen. Um es mal zusammen zu fassen: Die BMW geht richtig voran. Bis zum Begrenzer bei 9.000 ist es ein Jubeln und eine Demonstration der Drehfreude. Die Überarbeitung hat dem Motor richtig gut getan. Ganz ehrlich? Mehr Dampf braucht kein Mensch.

Mit 220 Kilo ist die BMW F 900 XR noch leicht genug, um durch die Kurven zu wollen, nicht zu müssen. So schwingt sie sich denn ein, man selber schwingt im gleichen Takt voran. Reisetauglich ist sie dank Kofferset (aufpreispflichtig), gutem Windschutz und komfortablen Fahrwerk so ausgeprägt, dass man eigentlich gleich los will.

Das ebenfalls aufpreispflichtige (na klar!) elektronische Fahrwerk ESA wirkt übrigens nur auf die Hinterachse. Vorne ist nichts verstellbar, nicht mal manuell. Doch das ist egal: Da das Setup grundsätzlich sehr gut ist, reicht die Verstellung hinten für Beladung und Ride-Modi aus.

Keine Überraschung ist, dass auch die Brembo-Stopper tadellos funktionieren. Normaler Weise leicht zu bedienen und zu dosieren können sie im Notfall anders und beißen kraftvoll zu. Zu ihrer guten Performance tragen die Straßenreifen ihren Teil bei, die auf Asphalt spürbar besser sind als stollige Enduro-Reifen. Kompliment an BMW, dass die XR in Punkto „Reiseenduro“ nichts vortäuscht, was sie nun mal nicht ist: Im Gelände sieht sie kein Land.

Fazit - was bleibt hängen

Alles in Allem also rundum gelungen, die Gleichteile-Adventure. Sie kommt mit dieser vertrauenerweckenden Attitüde um die Ecke, die auch bei näherer Bekanntschaft nicht nachlässt. Man muss sie sich bloß leisten wollen und vor allem können. Ist das der Fall, stellt sie sich in der Mittelklasse an die Spitze.

Das Testbike wurde uns von Bergmann und Söhne in Pinneberg zur Verfügung gestellt.

Preis / Farben / Baujahr

  • Preis: 11.400€
  • Baujahre: seit 2020
  • Farben: rot, weiß, gold
Pro & Kontra
Pro:
  • Kräftiger Motor
  • Verarbeitung
  • Reisetauglichkeit
  • Komfort
Kontra:
  • Teure Extras
03.2020: Test BMW F 900 XR
Verkaufszahlen (Deutschland)
Gesamt: 5.707 Mid: 35094
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