Fotos: Motorradtest.de
Mit der neuen Zontes 703F Adventure greifen die Chinesen im Bereich der Reise-Enduros an. Die Maschine bietet für 8.770 Euro eine sehr gute Ausstattung, sieht toll aus und hat einen ungewöhnlichen Motor in dieser Klasse. Ob sie sich auch gut fährt, hat Dietmar bei einer Probefahrt abgecheckt.
Volle Hütte für wenig Geld
Zontes kennen hierzulande nur wenige Motorrad-Fahrer. Die Marke gehört zu "Guangdong Motorcycles", einer chinesischen Firma, die 2003 gegründet wurde und bereits mehr als 1.600 Mitarbeiter beschäftigt. In Europa wurden bislang vor allem Roller und Maschinen mit kleineren Hubräumen angeboten. Nun also eine ausgewachsene Reise-Enduro im Stile einer V-Strom 800 DE oder Honda 750 Transalp. Nur eben für spürbar weniger Geld bei besserer Ausstattung...
Die Maschine ist in Deutschland in Schwarz und Weiß-Rot erhältlich und macht schon rein optisch mächtig was her. Sie sieht nicht nur groß aus, sie ist auch groß! Mit einer Länge von 2,35 m und einem Radstand von 1,56 m ist sie wahrlich keine kleine Maschine. Allerdings ist auch das Gewicht von 236 kg nicht gerade gering, wobei diese Daten in der Klasse der Reise-Enduros nicht unüblich sind.
Zwei Farben: Weiß-Rot und Schwarz. Wir würden das Modell rechts nehmen.
Abmessungen und Sitzprobe
Die Sitzergonomie auf der Zontes 703F ist angenehm und typisch für eine Reise-Enduro: Man sitzt aufrecht, der Lenker ist breit und nicht zu weit vom Fahrer entfernt und der Kniewinkel bereitet auch größeren Fahrern auf längeren Strecken keine Probleme.
Die Fußrasten sind so angebracht, dass sie beim Stehen nicht im Weg sind. Fahrer und Beifahrer haben viel Platz. Die Haltegriffe für den Beifahrer sind innen gummiert - eines von vielen schönen Details, an denen man merkt, dass die Entwickler bei Zontes viel Gehirnschmalz und Liebe in das Bike investiert haben.

Neben der umfangreichen technischen Ausstattung, zu der wir gleich kommen werden, bietet die 703F auch viele Teile, die bei anderen Herstellern oft nur als Zubehör - also gegen Aufpreis - geliefert werden. Die Maschine hat beispielsweise einen Hauptständer, einen vernünftigen Motorschutz aus Aluminium, Speichenfelgen, ein elektrisch verstellbares Windschild, Winkelventile, Heizgriffe und sogar Dashcams vorne und hinten, die wir allerdings nicht ausprobiert haben. Prima finden wir auch das - wenn auch kleine - Seitenfach links, in der neben der Anleitung auch Portemonnaie und Handy Platz finden.
Eines von vielen schönen Details: Abschliessbare Box für Handy und Co.
Außerdem soll die Maschine auch eine Navigation bieten, die wir aber ebenfalls nicht ausprobieren konnten, weil die Einrichtung des Zontes Accounts leider sehr zeitaufwendig ist. Hierbei werden Motorrad-ID und Motornummer sowie viele weitere Infos abgefragt, was zumindest technisch eigentlich nicht nötig wäre.
Nun ja - irgendwas ist ja immer und als Besitzer einer Zontes wird man sich natürlich durch diesen nervigen Registrierungsprozess durcharbeiten, zumal das ja auch nur ein einziges Mal gemacht werden muss. Freuen wir uns also lieber darüber, dass eine Vollkarten-Navigation dabei ist!
So fährt sie sich
Der Sound der Zontes 703F aus dem äußert ansehnlichen Endschalldämpfer ist überaus charaktervoll und eigenständig. Man hört sofort, dass es sich bei der Adventure um einen Triple handelt, es faucht schön heiser und bei höheren Drehzahlen ändert sich das Ganze dann nochmal Richtung räudiger Hund - sehr schön.
Überhaupt, der Motor. Wir finden es super, dass Zontes den Dreizylinder frei drehen lässt und keine extra-ordinäre Zündreihenfolge eingebaut hat. Das ergibt bzw. erhält den samtigen und smoothen Charakter eines Triple und macht das Bike auch so besonders. Okay, es gibt Leute, die sind der Meinung, dass sich eine Reise-Enduro unbedingt nach Zweizylinder anfühlen (und anhören) sollte.
Daher gibt es auch einige Hersteller, die ihren Bikes einen Hubzapfenversatz mit auf dem Weg geben - und zwar auch bei Reihentwins. Dadurch klingen die Motoren dann etwas rauher und ruppiger und fühlen sich auch so an. Nicht so bei der Zontes, hier ist alles im Lack und wir finden das auch gut so.
Dreizylinder mit 95 PS und 75 Nm Drehmoment. Der schöne Alu-Motorschutz ist Serie.
Was die Leistung angeht, bewegt sich die 703F im gesunden Mittelfeld. Sie reißt mit ihren 95 PS und 75 Nm zwar keine Bäume aus, ist aber dennoch gut motorisiert. Unser Testbike war noch brandneu, daher war die maximale Drehzahl noch begrenzt und wir konnten die Gänge nicht maximal ausfahren, was man bei einer Reise-Enduro ja aber auch nicht wirklich gerne macht.
Der Unterschied zwischen den beiden Fahrmodi war vor allem bei den Lastwechsel-Reaktionen spürbar. Im Sport-Modus waren diese in den ersten beiden Gängen schon vorhanden. Kein Wunder, denn die 703F besitzt leider noch kein Ride-by-Wire, sondern einen klassischen Gasgriff per Bowdenzug. Im Eco-Modus fühlte sich das schon etwas besser an, ganz weg ging es aber auch so nicht.
Einen kleinen Punktabzug muss sich die Maschine auch beim Quickshifter gefallen lassen. Dieser besitzt keinen Blipper und funktioniert deshalb nur beim Hochschalten. Da ist er aber sehr aber angenehm und vollzieht seine Arbeit ohne größere Ruckeleien. Man muß wie bei den meisten Maschinen zumindest etwas am Gas hängen, sonst passiert wenig, aber wie gesagt: Dass ist üblich bei den gängigen Quickshiftern und stört nicht weiter.
Bremsanlage von J. Juan: 4-Kolben-Festsättel auf 310er Doppelscheiben.
Stören tut da schon eher die etwas maue Bremse vorne. Es gibt zwar eine auf dem Datenblatt gut erscheinende Bremsanlage von J. Juan mit 4-Kolben-Festsätteln auf 310er Doppelscheiben, aber die Bremsleistung könnte besser sein. Oder anders und besser ausgedrückt: Man muss schon etwas zulangen, um eine maximale Verzögerung herzustellen.
Das abschaltbare 2-Kanal ABS regelt zumindest hinten auch etwas merkwürdig und Schräglagen-Sensorik (also Kurven-ABS) bietet die Zontes nicht. Das wäre bei dem Preis allerdings auch zu schön gewesen, um wahr zu sein. Das darf aber bitte nicht missverstanden werden: Die 703F bremst schon ordentlich, aber im Vergleich zu Hochleistungs-Bremsanlagen bei teureren Bikes merkt man schon einen Unterschied.
Das einstellbare Fahrwerk von Marzocchi war unauffällig, was in den meisten Fällen ein gutes Zeichen ist. Nun sind wir auch nicht in den Alpen mit Vollgas unterwegs gewesen, aber der Eindruck auf Landstraßen und in der Stadt war gut. Das Bike kommt eher komfortabel daher, man bekommt aber eine gute Rückmeldung von der Straße und es kommt auch dann keine Unruhe ins Fahrwerk, wenn es mal etwas zügiger angehen lässt.
Schöne Frontverkleidung, die dem Wind- und Wetterschutz zuträglich ist. Die Scheibe ist elektrisch verstellbar.
Klasse ist auch die Bereifung der 703F Adventure: Michelin Anakee Adventure, vorne 21 Zoll, hinten 18 Zoll. Entsprechend fühlt sich die Maschine auch in Kurven bzw. beim Geradeauslauf an. Sie ist sehr stabil, aber natürlich nicht ganz so wendig und wuselig wie eine Cross-Over mit 17 Zoll Vorderrad.
Der Windschutz der Zontes hat uns gut gefallen. Das elektrisch verstellbare Schild kann problemlos während der Fahrt an die jeweilige Situation angepasst werden. Fährt man die Scheibe ganz nach oben, so war zumindest bei mir (1,84m groß) die Kante der Scheibe etwas störend im Sichtfeld. Das kann bei anderen Personen aber anders sein - und wie gesagt kann man die Scheibe ja auch problemlos etwas nach unten fahren und fertig. Der Windschutz an sich ist gut, zusätzlich zur Scheibe hat man ja auch noch die Verkleidung sowie extra Flaps, die einen guten Job machen.