Die 125er-Klasse erlebt einen Boom. Seit Einführung des A1-Führerscheins ist es leicht möglich, ein Motorrad mit maximal 125 Kubik zu fahren. Eines davon ist die Yamaha MT-125. Was leistet das kleine Motorrad im Alltag?
Sie sieht erwachsen aus, diese 125er. Eine optisch enge Verwandte ist die Yamaha MT-03. Die ganze Reihe aufwendig designter MT-Motorräder nennt Yamaha selbst „Hyper-Naked-Bikes“, was auch immer das Hyper im Namen soll. Die MT-03 jedenfalls kann leicht mit der MT-125 verwechselt werden, was den 125er-Kunden natürlich freut.
Andererseits will Yamaha damit ein Statement abliefern: Seht her, wir nehmen alle Motorradfahrer ernst, ob nun mit 100 oder den schmalen 15 PS der A1-Führerschein-Maximalgrenze (mehr Infos zum A1-Schein sowie der B196-Regelung am Ende dieses Artikels). Die MT-125 wurde für 2020 umfangreich überarbeitet und bekam auch einen neuen Rahmen. Die Sitzposition ist nun nach vorne gerückt, so dass jederzeit alles gut im Blick und Griff liegt. Diese Sitzposition soll bewirken, dass der jetzt erhöhte Schwerpunkt der MT-125 ausgeglichen wird, der die Stabilität beeinträchtigen könnte. Positiver Nebeneffekt: Trotz ultrakompakter Bauweise – die MT ist nur 1,96 Meter lang – ist der Sozius nicht beengt untergebracht.
Der Motor hat eine variable Ventilsteuerung, was normaler Weise wesentlich leistungsstärkeren (und teureren) Motorrädern vorenthalten ist. Im Vergleich zum Vorgänger soll dem Einzylinder damit oben herum mehr Dampf gemacht werden. Bei niedrigen bis zu mittleren Drehzahlen sind die Öffnungszeiten der Ventile kurz gehalten, um dort das Ansprechverhalten sowie den Verbrauch zu optimieren. Um es vorwegzunehmen: Im flott gefahrenen Test konnten wir den offiziell angegebenen Verbrauch von nur 2,5 Litern sogar um 0,3 Liter unterbieten! Das ist uns noch nie passiert. Zusammen mit dem 10 Liter fassenden Tank muss der Pilot erst nach 400 Kilometern zum Tante-Esso-Laden.
Wobei – der Preis. Mit rund 5.000 Euro ist die MT-125 kein Schnäppchen. Dafür ist sie vernünftig ausgestattet, unter anderem gibt es einen Bordcomputer, ein spitzenmäßig aussehendes LED-Licht und eine Anti-Hopping-Kupplung. Da das ABS natürlich serienmäßig ist, kann der der Umstieg auf ein Motorrad beruhigt angegangen werden. Vorne wie hinten vertraut die Yamaha auf Einzelscheiben. Da sie nur 140 Kilo wiegt, ist dagegen erst mal nichts einzuwenden.
Dann mal los.
Aufsteigen klappt problemlos. Trotz nicht geringer Sitzhöhe von 810 Millimetern kommen auch eher kurzbeinige Menschen dank schmaler Sitzbank-Tank-Kombination sicher in den Stand. Das Display ist übersichtlich und wirkt erwachsen, obwohl dort nicht viel angezeigt wird. Außer dem schon erwähnten ABS gibt es keine elektronischen Helfer oder Fahrmodi.
Die extrem leichtgängige Kupplung ist präzise zu dosieren, der Gang rastet sofort und definiert ein. Yamaha eben, bei sowas lassen sich die Routiniers aus Japan nicht erwischen. Der Dreh am Gasgriff bringt den Motor auf Touren. Die braucht er, da das maximale Drehmoment von 11,5 Newtonmetern bei 8.000 Touren zwar klassenüblich, aber eben doch recht karg ist. Weiter oben, bei 10.000 Touren, liegt die Maximalleistung von 15 PS an.
Der Weg dahin ist nicht wirklich souverän. Andererseits klagt die Yamaha nicht, hört sich nicht gequält an oder wirkt irgendwie zugeschnürt. Der variable Ventiltrieb macht seine Sache anständig, es kommt durchaus Fahrfreude auf. Die maximale Beschleunigung von 10,7 Sekunden ist nicht schlecht. Als Höchstgeschwindigkeit gibt Yamaha 130 km/h an, was aber nur für kleine Piloten erreichbar sein dürfte.
Zum Fahrspaß trägt die unglaubliche Leichtigkeit bei. Man merkt erst bei diesen Fliegengewichten, wie schwer heutige Motorräder sind. Das ist ein Umstand, den die ausgeklügelste Elektronik nicht überspielen kann. Die Yamaha verfügt nicht über diese Elektronik, sie hat etwas Besseres: fähige Fahrwerksingenieure. Es ist schon enorm, wie wendig und agil die Yamaha MT-125 ist, was sich nahtlos auf den Fahrer überträgt.
Eigentlich ist das Fahrwerk trotz des sportlicher Abstimmung durchaus komfortabel. Leider ist die harte Sitzbank dies nicht: Da muss man sich erst mal einsitzen.
Was bleibt: Die Yamaha MT-125 bietet mit ihrer quirligen Art viel Potential in Sachen Fahrspaß. Auf jeden Fall mehr als gedacht. Sie ist zudem einfach zu bedienen und hochwertig gemacht. Eine neue Sitzbank - und alles ist gut.
Und dennoch: Der Käuferkreis bleibt eingeschränkt auf Personen, die eben nicht mehr Leistung fahren dürfen. Der Feind lauert dabei im eigenen Stall: Die MT-03 bringt das fünffache Drehmoment auf die Straße und hat 48 PS. Und das alles für nur rund 700 Euro mehr. So gut die MT-125 ist, Motorradfahrer mit einem erweiterten Führerschein werden da kaum in Versuchung kommen.
Das Testbike wurde uns von Motorrad Ruser in Haseldorf zur Verfügung gestellt.
Was darf ich mit dem A1-Schein fahren? Das hat der Gesetzgeber genau festgelegt:
1. Krafträder (auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimeter, einer Motorleistung von nicht mehr als 11 kW, bei denen das Verhältnis der Leistung zum Gewicht 0,1 kW/kg nicht übersteigt
2. Dreirädrige Kraftfahrzeuge mit symmetrisch angeordneten Rädern und einem Hubraum von mehr als 50 cm3 bei Verbrennungsmotoren oder einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h und mit einer Leistung von bis zu 15 kW.
Das Mindestalter für diesen Führerschein liegt bei 16 Jahren, die Ausbildung geschieht ganz normal in einer Fahrschule.
Wer mindestens 25 Jahre alt ist und seit fünf Jahren den Autoführerschein besitzt, kann eine erhebliche Abkürzung dieser Ausbildung erreichen. Diese Abkürzung wird als B196 bezeichnet.
Der Gesetzgeber hat als Ausbildung für B196 festgelegt:
Theorie: 4x Motorrad-Theorieunterricht jeweils 90 Minuten
Praxis: 5x Motorradfahrstunde jeweils 90 Minuten
Prüfung: Keine Theorie- oder Praxisprüfung
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