BMW R12 G/S im Test

Die neue Reise-Enduro von BMW - endlich eine echte Hommage an die R80 G/S

BMW R12 G/S im Test Fotos: Motorradtest.de
 
 
Die neue BMW R12 G/S wurde schon von vielen Bikern sehnsüchtig erwartet. Endlich eine würdige Nachfolgerin der legendären BMW R80 GS auf den 80-ziger Jahren. Und in der Tat: Die neue G/S transportiert viel von dem Flair des Urahnen, der damals BMW das Überleben gerettet hat. Dietmar hat eine Runde gedreht. Herrlich.

Nach der Urban G/S nun ein "echte" G/S

Wir erinnern uns: Es gab schon einmal den Versuch, einen Nachfolger der R80 G/S in die Neuzeit zu verfrachten. BMW R nineT Urban G/S nannte sich das Bike - das aber kaum jemand haben wollte. Komisch eigentlich, wir fanden die Maschine damals schon toll (-> Testbericht).
Lag es vielleicht daran, dass die Urban G/S mit 19 Zoll Vorderrad und Gussfelgen auflief? Wenn vor allem das die Käufer abgehalten haben sollte, dann steht der hier vorgestellten neuen BMW R12 G/S nichts mehr im Wege: Sie hat nämlich ein 21 Zoll Vorderrad und bereits in Serie wunderschöne Speichenfelgen. Diese kann man übrigens gegen Aufpreis von lediglich 50€ auch in Gold bekommen - würde ich sofort machen.
 
Es gibt drei Farben, wobei man die Schwarze und die sandfarbene unserer Meinung nach auch hätte weglassen können. Natürlich muss eine G/S in der Tricolore-Variante geordert werden!


Farbauswahl: Schwarz ohne Aufpreis, Lightdings Uni +300 Euro, Option 719 mit Frästeilen + 1.900 €. Aua.
Farbauswahl: Schwarz ohne Aufpreis, Lightdings Uni +300 Euro, Option 719 mit Frästeilen + 1.900 €. Aua.
 
 

BMW sortiert die Maschine übrigens auf der Webseite im Bereich "Heritage" ein, also neben den anderen R12 Modellen. Das ist zwar nachvollziehbar, für uns ist das Bike aber eine Reise-Enduro mit Retro-Anleihen. Also mit der Betonung auf Reise-Enduro, weniger auf Retro. Es gibt von BMW übrigens keine Koffer, sondern nur Taschen, die wir allerdings sehr hübsch finden.
 
Trotzdem: Ein Adventure-Bike für die Tour zum Nordkap soll die G/S wohl nicht sein, dafür gibt es ja die 1300er GS. BMW positioniert sie eher als Enduro, also für den Ritt ins Gelände. Das ist schön, aber vermutlich werden 90 Prozent der Käufer mit ihr eher zum Nordkap wollen als ins Gelände. Egal, es geht ja beides. Nur eben ohne Koffer. Zumindest nicht von BMW.
 
 
Abmessungen und Sitzprobe
Die Sitzprobe ist eines der vielen Highlights dieser Maschine: Man sitzt einfach ganz wunderbar! Der Lenker ist sehr breit, man sitzt komplett aufrecht mit einem überaus komfortablen Kniewinkel und es fühlt sich einfach hochherrschaftlich an auf der R12 G/S. Die Sitzbank ist weder zu hart, noch zu weich, noch zu breit. Daher ist die Sitzhöhe von 860 mm auch gar nicht so schlimm, wie es sich anhört. Anderer Tester berichten, dass auch mit einer Größe von 1,75 m der Boden noch sicher erreichbar ist. Ich (1,85 m) hätte mir sogar die Komfort-Sitzbank gewünscht, die die Sitzhöhe dann auf 880 mm hievt.
 
Nächste Überraschung: Das Rangieren und Manövrieren im Stand läuft viel fluffiger ab, als man dies bei einem fahrfertigen Gewicht von 229 kg vermuten würde.
 
Sitzprobe BMW R12 G/S
So sitzt es sich auf der BMW R12 G/S.
 
 
 
Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der G12er /S

In Serie kommt die G/S mit einem Analog-Cockpit, welches uns an die R18 erinnert. Ein kleines inverses LC-Display zeigt alles an, was die Tachonadel nicht anzeigen kann, z.B. Fahrmodus, Status der Heizgriffe, Bord-Computer Infos etc. Es gibt auch ein Digitales Cockpit als Zubehör, wir sind aber mit der viel schöneren Standard-Anzeige bestens klargekommen.

Ausstattungsseitig kommt die BMW in Serie mit Kurven-ABS und Kurven-Traktionskontrolle, drei Fahrmodi (Rain, Road & Enduro), Wheelie-Control sowie Keyless Ride und zweimal Strom (USB & 12V). Optional erhältlich sind z.B. Reifendruckkontrolle und Kurvenlicht sowie wie bei BMW üblich Pakete:

Komfort-Paket (1.000 €): QuickShifter / Tempomat / HSC / Heizgriffe
Enduro-Paket (750 €): 18 Zoll Hinterrad / Geländereifen / Rally-Fußrasten / Handprotektoren / größerer Motorschutz / Fahrmodus "Enduro Pro" (deaktiviertes ABS hinten, deaktivierte Traktionskontrolle, deaktivierte Lift-Control).

Außerdem gibt es noch die Connected Ride Control für 290 €, bei der das Handy als Navigationstool im Zusammenschluss mit den Funktionen der BMW Connected Ride App dient. Eine vernünftige Handy-Halterung ist auch dabei.

Das Licht kommt komplett in LED inkl. der Blinker und dem Tagfahrlicht. Das Rücklicht und die Blinker hinten sind zum Glück nicht in einem Gehäuse untergebracht, sondern separat. Sämtliche Leuchtmittel sind sehr hell und daher gut zu sehen bzw. sorgen für eine gute Ausleuchtung der Straße bei Dunkelheit.

Endschalldämpfer Endschalldämpfer mit 88 dbA Standgeräusch. Klingt "in echt" aber lauter.
 
 

So fährt sie sich

Der Sound der G/S hört sich an wie eh und je: Trocken und humorlos pumpt der Boxer seine Abgase in den Endschalldämpfer. Das klingt wie anno damals - herrlich. Angegeben ist die Maschine mit einem Standgeräusch von 88 dbA. Unglaublich, auf dem Bike hört sich das jedenfalls lauter an, ohne aber zu nerven. Boxerfans werden ganz sicher zufrieden sein mit dem Sound...
 
Dann drehen wir mal unsere Testrunden. Schon beim Aufsitzen und Anfahren stellt sich subito ein Gefühl des zuHause seins ein. Die Maschine ist einfach perfekt ausbalanciert, die Sitzergonomie passt bei mir (1,84 m groß) wie angegossen. Ich stelle nach 10 Metern fest: Mit diesem Bike könnte ich sofort zum besagten Nordkap fahren - ohne einen einzigen Stop.
 
Luftgekühlter Boxer mit 109 PS und 115 Nm DrehmomentLuft/Ölgekühlter Boxer mit 109 PS und 115 Nm Drehmoment. Wunderbar seit 1.000 Jahren.
 
 
Es fällt mir als alter Boxer-Liebhaber schwer, den Motor objektiv zu beurteilen. Ich hatte privat bereits drei Maschinen mit diesem Motor und kann einfach gar nicht anders, als ihn auch an dieser R12 G/S toll zu finden. Der Lufti-Boxer hat meiner bescheidenen Meinung nach mehr Charakter als die neueren 1300er Boxer, wenn auch weniger Leistung.
 
Aber was heißt schon weniger Leistung? Habt Ihr auf einer Maschine mit diesem Motor schon einmal Gas gegeben? Es geht dann aber so richtig druckvoll nach vorne! Kein Wunder, bei dem maximalen Drehmoment von 115 Nm, welches schon bei 6.500 Umdrehungen anliegt. Noch nie hat der Spruch "Mehr Leistung braucht kein Mensch" besser gepasst als hier. 
 
Dazu passt das wie schon gesagt perfekt austarierte Fahrwerk. Es ist dazu komplett einstellbar, also auch in Zug- und Druckstufe. Per se ist die 12er G/S eher straff ausgelegt, dank der üppigen Federwege (210/200mm v/h) bügelt sie Fahrbahn-Unebenheiten aber souverän weg. Überraschung: Das 21 Zoll Vorderrad bringt zwar die für Reise-Enduros typische Stabilität, trotzdem lenkt das Bike perfekt und absehbar ein. Es fühlt sich einfach alles sehr natürlich an, es gibt keine bösen Überraschungen. Dass die Maschine 229 kg wiegt, merkt man nicht. Fühlt sich eher nach 200 kg an - wunderbar.
 
Brembo BremsenBrembo Bremsen. Bremsen besser, als das Datenblatt es vermuten lassen würde.
 
 
Beim Blick auf das Datenblatt war ich bezüglich der Bremsen vorne zunächst skeptisch: 2-Kolben Schwimmsättel, axial verschraubt? Entwarnung: Die Brembos verzögern hervorragend, sowohl vorne als auch hinten. Das ABS hat kurze Intervalle und die Maschine steht unverzüglich, sofern ihr es darauf anlegt. Da gibt es wirklich gar nichts zu meckern und es beweist einmal mehr, dass es nicht immer radial verschraubte 4-Kolben Festsättel sein müssen.
 
Was ist uns sonst noch aufgefallen? Die Mischbereifung (Michelin Annakee Adventure bzw. Metzeler Karoo Street) an der G/S funktioniert außerordentlich gut. Man hat guten Grip und die Reifen verursachen nicht nur ein wunderbares Abrollgeräusch, sie fühlen sich auch so ein bisschen rubbelig an. Kann man schlecht beschreiben, ist aber tatsächlich ein Unterschied zu Straßenreifen und passt hervorragend zur G/S.
 
Schön, oder? Der Tank erinnert an die 80er Paris-Dakar, fasst aber nur 15 Liter. Trotzdem schön.


Die Garantie für die BMW R12 G/S liegt bei drei Jahren, der Service ist alle 10.000 Kilometer fällig. Wettbewerber gibt es einige: Triumph Tiger 900 Rally / Ducati Desert X / Huskvarna Norden 901 / KTM 890 Adventure / Honda CRF 1100 L Africa Twin. Im Wettbewerbsumfeld wird klar, dass der Preis der G/S gar nicht so überzogen ist, wie man im ersten Moment denkt - die anderen Probanden stehen preislich leider auch nicht viel besser da. 
 

Fazit

Die neue BMW R12 G/S schafft den Spagat zwischen Retro-Optik und moderner Technik spielerisch. Sie fährt sich sehr entspannt, kann aber auch kraftvoll nach vorne spurten und erfreut den Fahrer / die Fahrerin mit wunderbarer Boxer-Romantik - so wie es die modernen 1300er Boxer leider nicht mehr hinbekommen.
 
Etwas doof finden wir, dass die Reise-Tugenden bzw. die Möglichkeiten für Koffer oder sonstiges Gepäck-Gedöns von BMW eher unterbelichtet umgesetzt wurden. Die G/S will mit ihren langen Federwegen und dem 21 Zöller aber sowieso eher ins Gelände als ans Nordkap. Und genau danach fühlt sie sich auch an. Trotzdem ist sie auch was für normale Straßenfahrer wie mich. Ich bin verliebt.

 
Die Maschine wurde uns zur Verfügung gestellt von Bergmann & Söhne in Neumünster. Dort stehen nicht nur jede Menge BMW Modelle zur Probefahrt bereit, es gibt auch viele gebrauchte Maschinen zu bestaunen. Da sich die Filiale am Ortsrand von Neumünster befindet, ist man schnurstracks auf Landstraßen oder auch auf der Autobahn A7 unterwegs und kann dem Testbike mal so richtig auf den Zahn fühlen.

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 16.990 €
  • Verfügbarkeit: ab 2025
  • Farben: Schwarz, Sand, Blau-Weiß-Rot
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