Serie: Legendäre Motorräder. Folge 6: Münch "Mammut"

Das deutsche Superbike

Foto: Klaus Nahr / Wikimedia


Kaum einmal konnte ein Motorrad extremer sein als Ende der 50er-Jahre. Alles schien möglich, Deutschland berappelte sich nach dem Krieg und die Konjunktur sprang an. Zeit für etwas Luxus, Zeit für etwas Hedonistisches? Ja, Zeit für die Mammut.

In dieser Zeit reifte der Plan eines Superbikes. Friedel Münch war Konstrukteur bei der Motorradmarke Horex, bevor er sich als Händler mit eigener Werkstatt selbständig machte. In der knappen freien Zeit trieb er sich als Rennfahrer auf den Kursen herum. Superbike bedeutete für ihn zweierlei: Erstens einen kräftigen Motor, zweitens aber müsste ein wirklich schnelles Bike sehr leistungsfähige Bremsen haben. Der Motor fand er dort, wo ihn kein anderer Motorradhersteller suchte: In einem Auto, genauer dem NSU Prinz TT. Aus Komponenten von Horex entstanden Kupplung und Getriebe, alles andere war eine Eigenkonstruktion.

Das Hinterrad und die unter Stress stehende Vorderradbremse fertigte Friedel Münch aus Elektron-Leitmetallguss. Billig konnte so etwas nicht sein, genauer gesagt, eine Münch war ziemlich teuer. 19.425 DM kostete eine TTE mit elektronischer Benzineinspritzung und 100 PS 1973, nach heutigem Wert etwa 31.000 Euro. Trotz großer Fangemeinde blieben die Verkäufe bescheiden, und schlimmer noch, der Preis war nicht kostendeckend. Friedel Münch wollte das perfekte Motorrad bauen, die wirtschaftliche Seite war ihm eher egal.

Die Folge: Als eigentliche Kernproduktionszeit gelten die Jahre 1966 bis 1976, in denen rund 500 Bikes entstanden, gleichzeitig gab es mehrere Besitzerwechsel der Firmenanteile. Ab 1974 wird es endgültig unübersichtlich, denn nach dem Konkurs kaufte Münch-Enthusiast Heinz Henke die Markenrechte, Friedel Münch kam bei ihm als technischer Leiter unter. Doch auch diese Verbindung hielt nicht lange. Noch bis in die 1990er-Jahre ließ sich Friedel Münch immer mal wieder überreden, aus Einzelteilen und neugefertigten Komponenten ganze Motorräder zusammenzubauen.

Heute kümmert sich eine eingeschworene Fangemeinde um die Überlebenden der rund 1.000 je gefertigten Bikes. Sollte einmal eines verkauft werden, was sehr selten ist, wird es meist an Clubkollegen weitergereicht. Je nach Zustand und Modell kostet eine Münch heute zwischen 30.000 und 50.000 Euro. Mammut hatte sie heißen sollen, doch die Namensrechte lagen woanders. Die Fans nennen sie trotzdem so und sorgen dafür, dass dieses Mammut nicht ausstirbt.

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