Mit kompliziert hat es die Yamaha XT 1200 ZE Super Ténéré nicht so, und das wird sich voraussichtlich nie mehr ändern. Genau diese Eigenschaft macht sie so beliebt bei allen, die einfach Reisen wollen - wohin auch immer, ohne sich groß um das Moped kümmern zu müssen. Was kann sie noch?
Die Yamaha XT 1200 ZE Super Ténéré war schon immer besonders. Auch dieses Jahr wieder, wobei es eher das Unbesondere ist, was hier zählt. Tatsächlich stammt die letzte Überarbeitung aus dem Jahr 2015, ein Intervall, welches nur wenige Hersteller ohne umfangreiche Modifikationen verstreichen lassen. Aber wozu, was sollte denn besser werden?
Die große (und mit 261 Kilo auch schwere) Yamaha ist dabei ein Grenzgänger. Sie ist von ihrer Anlage her eine Reiseenduro, ähnlich der Honda Africa Twin. Doch schaut man genauer hin, ist nicht nur von den Reifen her ein ziemlich großer Schuss Adventure Bike drin. Trotzdem soll die legendäre Fernreisetauglichkeit in alle Wüsten und einsamen Abschnitte unserer Erde nicht gelitten haben. Wo Google Maps am Ende seines Lateins ist, da wird die Yamaha gerade erst warm.
Dann schauen wir doch mal nach: ab 13.499 Euro kann man Eigner einer Ténéré 1200 werden. Die von uns gefahrene ZE-Version mit elektrischem Fahrwerk, Heizgriffen sowie einem Hauptständer kommt auf 15.899 Euro. Immer noch Geld übrig? Dann könnte die „Raid Edition“ das Richtige sein. Hier gibt es Koffer, eine hohe Scheibe, Nebelleuchten und den Motorschutz für 17.999 Euro.
Es gibt ein Detail, welches sinnbildlich für das ganze Motorrad steht. Dabei handelt es sich um die Sitzhöhe, die normal gewachsenen Fahrern sogar in der höheren Einstellung passt. Mag man es tiefer, braucht es nur einen kurzen Handgriff unter dem Sitz und schon passt es (Sitzhöhe 845-870 mm). Warum, fragt man sich, macht das nicht jeder Hersteller so einfach, simpel und sofort verständlich?
Je länger man nachdenkt, desto einfacher lassen sich die Dinge konstruieren. In diesem Sinne haben die Japaner sehr, sehr lange über die Ténéré nachgegrübelt. Fast alles an ihr ist einfach, ohne billig zu sein. Selbst das elektrische Fahrwerk verwirrt nicht mit einer unlogischen Bedienung. Obwohl es insgesamt 84 verschiedene Einstellungen gibt, ist die Bedienung ohne Anleitung schnell verständlich.
Dann schauen wir mal, ob das Fahren mit ihr so einfach ist.
Das ist es, jedenfalls in Bezug auf eine Sache: Das hohe Gewicht der Ténéré ist kurz nach dem Anfahren vergessen. Die eingeschränkte Sportlichkeit der 1200er ist nicht dem hohem Gewicht geschuldet, eher liegt es am Motor. Schon ab 1500 Umdrehungen schiebt der langhubige Zweizylinder die Fuhre voran, ab 2500 geht es schwungvoll zur Sache. Allein, der Elan hält nicht lange an, seine 110 PS holt der Twin nicht aus Drehzahlen. Um nicht missverstanden zu werden: Die Yamaha ist weder langsam noch lahm, nur mit einem Sportbegriff, der sich aus hohen Drehzahlen herleitet, kann sie nichts anfangen.
Das gilt ebenso für das Fahrwerk: Egal welche Einstellung man wählt, die Yamaha wird immer stabil ihre Bahn ziehen, selbst bis heran zur Höchstgeschwindigkeit. Das liegt natürlich auch an den schlauchlosen Reifen, die ihre Sache auf Asphalt gut machen, im Gelände ist mit ihnen kein Staat zu machen. Der Fahrkomfort ist durch die Bank und auf dieser gut, selbst auf Langstrecken. Das gilt ebenfalls für den Sozius. Wer Kurvenkratzen möchte, sollte unbedingt die Fahrwerkseinstellung „Sport“ wählen. Ansonsten trampelt die Hinterhand und die Gabel taucht beim Anbremsen stark ein.
Überhaupt nicht rumpelig ist der Kardanantrieb. Im Gegenteil: Die wartungsarme Kraftübertragung zeigt, wie weit diese Konstruktion mittlerweile gediehen ist: Kein Aufbäumen beim Losfahren, kein Trampeln, keine Lastwechselreaktionen – so muss das sein. Unser Testbike war mit einem größeren Windschild aus dem Yamaha-Zubehörprogramm ausgerüstet. Eine sinnvolle Investition, denn der Fahrtwind wird so zuverlässig vom Fahrer abgeleitet.
Die 1200er offeriert insgesamt einen hohen Langstreckenkomfort, der aus einem moderaten Kniewinkel, dem sofamäßigen Sitzkissen für Fahrer wie Sozius und perfekt platzierten Fußrasten wie Lenker resultiert. Dieser Komfort wird durch den vibrationsarmen Lauf des Twins unterstützt.
So ist das Spektakuläre an der Ténéré, dass sie so unspektakulär ist. Ganz günstig ist sie allerdings nicht: Mit knapp 16.000 Euro ist sie fast ebenso teuer wie eine – zugegebenermaßen nackte – BMW GS.
Das Testbike wurde uns von Tecius und Reimers in Hamburg zur Verfügung gestellt.
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