KTM 1290 Super Duke GT im Test (Baujahr 2022)
Die bequeme Interkontinental-Rakete aus Österreich im Test
Fotos: motorradtest.de
KTM bezeichnet seine überarbeitete 1290 Super Duke GT als "Interkontinental-Rakete". Das mag in diesen Zeiten ein etwas unpassender Vergleich sein, inhaltlich stimmt es allerdings. Auch nach der Euro-5 Homologation ist die GT immer noch das, was sie schon immer war: Ein echter Dampfhammer. Ob sie auch Touring-Qualitäten mitbringt, haben Markus und Dietmar gecheckt.
Kiska-Design trifft auf im Gitterrohrrahmen eingepferchten Motor
Das KTM-Motorräder von der Optik her nicht jedermanns Sache sind, ist kein Geheimnis. So auch bei uns: Markus wird nicht so richtig warm mit dem Kiska-Liedstrich, Dietmar findet es bombig. Einig sind sich beide darin, dass die GT sofort als solche wiedererkannt wird. Sie ist ein eigenständiges Bike und man erkennt sie 100 Meter gegen den Wind. Wunderschön ist der orange pulverisierte Chrom-Molybdän-Rahmen, der den Motor einzufangen scheint. Die Lampenmaske vorne ist gegenüber dem Vorgänger ein wenig nach unten gerutscht, hat aber immer noch den für KTM so typischen Gottesanbeter-Look. KTM-Bikes sind in der Regel sehr orange und so hat KTM dann auch gleich auf andere Lackierungen verzichtet. Gut so.
Die Super Duke GT 2022 gibt es in orange oder in orange. Macht die Auswahl deutlich einfacher. Sitzprobe: Markus findet, dass man zwar bequem und aufrecht sitzt, aber immer noch ein wenig nach vorne geneigt im Gegensatz zu einer Adventure-Maschine. Dietmar findet, dass man sehr aufrecht sitzt, fast wie auf einem Adventure-Bike, dass die Sitzbank aber ganz schön straff ist. Macht aber nichts, denn wie immer bei KTM gibt es komfortablere und beheizte Sitzbänke für den betagten Herrn im Zubehör-Shop für 243 €. Man sitzt aber auch auf der Serienbank wirklich sehr kommod und auch der Beifahrer kann sich über Platzmangel oder gar fehlende Haltegriffe nicht beklagen. Mongolei, wir kommen. Gerne auch mit den originalen KTM-Koffern für 780 € und dem Top-Case für 292 € und dem Tankrucksack für 185 €. Das Zubehörprogramm für die GT ist beeindruckend und lässt keine Wünsche offen.
Fahrer und Beifahrer haben reichlich Platz auf der GT. GT steht bekanntlich für "Grand Tour". Passt.
360 Grad Rundgang um die KTM 1290 Super Duke GT 2022
Kann fast alles
Technisch kommt die GT mit allem daher, was das Herz begehrt. Markus hat sich das mal ausgedruckt: 7 Seiten! Bis auf den optional erhältlichen QuickShifter ist bereits in Serie alles Wichtige an Bord: Semiaktives Fahrwerk, schräglagenabhängige Mehrfach-Traktionskontrolle, Bosch 9ME Kurven-ABS, Tempomat, Ride by Wire, Fahrmodi, Reifendruckkontrolle, Heizgriffe, verstellbares Windschild, fettes und richtig gut ablesbares 7" Farb-TFT Display, Blinkerrückstellung sowie eine Turn by Turn Navigation via Smartphone-App sowie Voll-LED Licht inkl. an die Schräglagensensorik gekoppeltes Kurvenlicht!
Optional erhältlich sind dann noch Wheelie- & Launch-Control, Motorschleppregelung, Berganfahrhilfe und eben der QuickShifter. Will man all das haben, so entscheidet man sich am besten für das TeckPack für 1.072 Euro. Trotz dieses Füllhorns an Funktionen lässt sich die GT aber wirklich leicht bedienen. Das liegt an den Schaltern im neuen Design (4 Richtungstasten + Enter + Zurücktaste) sowie an den gut gemachten Piktogrammen im Display. Auch ohne Bedienungsanleitung erkennt man sofort, was man da gerade falsch einstellt. Kompliment an KTM: Eine so intuitive Bedienung so vieler Funktionen, das schafft kaum ein anderer Hersteller so gut.
So fährt sie sich
Noch ein kurzer Hinweis zur Optik: Die Super Duke GT hat eine Alu-Einarmschwinge. Theoretisch könnte der Blick auf das Hinterrad also komplett frei sein - ist er aber nicht, weil KTM den Auspuff davorgesetzt hat. Trotzdem ist der Backbord-Anblick respekteinflößend. Der 190er Conti Sport Attack 4 macht mächtig was her und auch bei den Felgen hat KTM gegenüber dem Vorgänger nachgebessert: Diese wiegen jetzt ca. 1 Kilogramm weniger - nicht übel, denn geminderte ungefederte Massen zahlen direkt auf Wendigkeit und Fahrspaß ein.
Der Sound der Super Duke GT passt zum Bike: Bassig und gar nicht mal so leise bollert der V2 vor sich hin. Als Standgeräusch sind tiroltaugliche 93 dB eingetragen, können wir kaum glauben. Jedenfalls ist der Sound klasse und zeugt von der Potenz des 175 PS Boliden. Und damit wären wir dann auch schon bei der Leistung der GT: Lässig-souverän trifft es wohl am besten. Der LC8 V2 war schon immer eine Macht, vor allem im Schwestermodell Super Duke R, die deshalb gerne "The Beast" genannt wird. Die GT hat zwar fünf Pferdchen weniger am Start, dafür aber dicke 141 Newtonmeter bei schon 7.000 Umin - also deutlich eher als die R.
Das passt wunderbar zu einem Sport-Tourer, man hat immer und ewig und auch schon bei niedrigeren Drehzahlen Wums ohne Ende. Das ändert allerdings wenig an der Tatsache, dass der V2 sich erst ab 3.000 Umdrehungen richtig wohl fühlt. Es gibt darunter zwar nicht gleich wildes Ketteschlagen, aber trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass der Antriebsstrang den Vorwärtsdrang untenrum nur widerwillig umsetzt. Auch das ruhige "durchs Dorf gondeln" im 5. Gang bei 30 km/h ist die Sache der GT nicht. Aber wer sich dieses Bike kauft, der will auch etwas ganz anderes...
Nämlich Gas geben - und ab geht die wilde Fahrt! Das Erlebnis einer Beschleunigung auf der GT ist schwer wiederzugeben. Zwar sind auch andere Motorräder schnell, aber die GT ist sehr schnell. Durch die Soundkulisse (Ansauggeräusch!) und den spürbar arbeitenden Motor kommt dem Piloten dass dann gleich doppelt so schnell vor. Es macht einfach einen irren Spaß, mit der Super Duke GT am Hahn zu drehen.
Hinzu kommt das sehr präzise und feinfühlige Fahrwerk. Die GT findet wie von allein die richtige Spur und der kurze Radstand macht aus dem Bike auch noch einen kleinen Kurvenräuber. Dass das WP-APEX Fahrwerk elektronisch einstellbar ist und darüber hinaus auch noch semiaktiv arbeitet, macht die ganze Angelegenheit dann noch wertvoller. Dämpfung einstellen - 2 Sekunden. Federbasis von Solo auf Sozius mit Gepäck umstellen: 3 Sekunden. Fahrmodus ändern: 1,5 Sekunden. KTM hat beim Thema Fahrwerk tatsächlich ein immer besseres Feintuning vorgenommen. Die GT fährt sich messerscharf, agil und zugleich bombensicher. Ähnlich wie auf einer BMW S1000R hat man das Gefühl, dass die Power des Bikes kontrollierbar ist. Richtig gutes Zeug!
Fazit - was bleibt hängen
Die neue 1290 Super Duke GT ist tatsächlich noch einmal besser geworden. Die vielen Tec-Updates sind vielleicht nicht jedermanns Sache oder unbedingt nötig, aber sie funktionieren allesamt prächtig. Die Bremsen sind sehr gut und die Reichweite von ca. 400 km ist tourentauglich. Die GT macht ihrem Namen alle Ehre und bietet sich dank der Sitzposition auch für längere Touren an. Der sportliche Charakter ist dennoch jederzeit präsent, Ready to Race allenthalben, eben typisch KTM!
Das Testbike wurde uns von
Motorrad Ruser zur Verfügung gestellt. Dieser in Haseldorf bei Hamburg ansässige Händler hat alle möglichen KTM- und Yamaha-Bikes als Vorführer vorrätig und die Landstraßen um Haseldorf herum laden ein zu einer prächtigen Proberunde. Also, ab geht's nach
Haseldorf. Bitte schöne Grüße von uns an Jessi und Hermann ausrichten, und keinesfalls den neuen Kaffeeautomaten verpassen. Wir empfehlen Cappuccino oder Latte Macchiato.
Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre
- Preis: 20.349 €
- Gebraucht (3 Jahre alt): 10.500€
- Baujahre: seit 2016
- letztes Facelift: 2022
- Farben: orange, orange & orange
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