Harley Davidson Pan America 1250 ST im Test

Die neue Straßenvariante der Pan Am mit 17 Zoll Vorderrad.

Harley Davidson Pan America 1250 ST im Test
 
Die neue Harley Davidson Pan America 1250 ST ist strenggenommen und im Gegensatz zur normalen PanAm kein Adventure-Bike mehr. Vielmehr ist sie ein Kurvenräuber allererster Güte, wie Volker und Dietmar bei einer Probefahrt feststellen durften.

Eigenwillige Optik, eigenständiges Bike, kein Einheitsbrei

Mannomann, wie die Zeit vergeht! Der Test der PanAm Special, also des ersten Adventure-Bikes von Harley Davidson, ist nun auch schon wieder vier Jahre her. Damals war die PanAm eine kleine Sensation und durfte gegen so arrivierte Bikes wie die große BMW GS, die Duc Multistrada V4 oder die Tiger 1200 antreten.
 
Das sieht bei der neuen Pan America ST anders aus: Hier heißen die Wettbewerber eher Ducati Multistrada Pikes Peak oder BMW S 1000 XR oder Suzuki GSX-S 1000 GX. Es sind also die Cross-Over Bikes, mit denen sich die ST messen muss, denn sie hat geringere Federwege, eine 17 Zoll Felge vorne und ist überhaupt nicht für das Gelände ausgelegt, sondern für die Straße - und für lange Touren auf ebensolchen.
 
Farbauswahl der Pan America 1250 ST: Drei Farben stehen zur Wahl.
Farbauswahl der Pan America 1250 ST: Drei Farben stehen zur Wahl.
 
 
Die Optik der ST ist zum Glück kaum verändert worden. Von vorne sieht sie immer noch aus wie ein US Muscle Car aus den 70zigern - geil! Es stehen drei Farben zur Verfügung, nämlich Schwarz, Rot und Grau. Im Gegensatz zur Pan America Special ist der Windschild etwas flacher, der Lenker nicht ganz so breit und die Sitzbank ist nun durchgängig geformt.
 
Dass die Maschine flacher ist, sieht man erst beim genaueren Hinschauen, beim Fahren merkt man dies allerdings sehr schnell. Auf Motorschutzbügel hat Harley bei der neuen ST verzichtet, ist ja auch kein Geländebike mehr, insofern passt das schon. Nahezu identisch sind bei beiden PanAms dagegen Motor, Endschalldämpfer und Bremsen.
 
Neue Sitzbank auf der ST Neue durchgängige Sitzbank auf der ST. Sehr komfortabel.
 
 
Abmessungen und Sitzprobe
 
Die Sitzhöhe der ST ist mit 825 mm deutlich tiefer und damit sportlicher als bei der "Adventure PanAm". Man sitzt dadurch integrierter in der Maschine und nicht mehr obendrauf. Die ST ist zudem 12 Kilogramm leichter, was man auch beim Rangieren merkt. Radstand und Länge haben sich kaum verändert, die Pan America ist also immer noch eine große und vor allem lange Maschine. Sie ist weder für Zwerge noch für Hänflinge geeignet, um es mal vorsichtig auszudrücken. Der sehr hoch und weit vorne montierte Lenker macht automatisch lange Arme, das war aber bei der alten PanAm auch schon so. 
 
Man sitzt sowohl vorne als auch hinten außerordentlich komfortabel, es gibt reichlich Platz für Fahrer und Beifahrer. Der Blick nach hinten ist gut, da gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Durch die niedrigere Sitzhöhe und die kürzeren Federwege fühlt sich die Maschine bereits im Stand handlicher an - dieser Eindruck verstärkt sich dann auch beim Fahren, doch dazu kommen wir später.
 
Sitzprobe Pan Am ST 1250
So sitzt es sich auf der Pan Am ST: Viel Platz für alle.
 
 

360 Grad Rundgang um die Pan Ameriva 1250 ST

Cockpit Beleuchtung vorne Beleuchtung hinten

Technik der Pan America ST

Die Pan Am ST ist technisch sehr gut ausgestattet. Großes 6,8" TFT-Touch-Display, 5 Fahrmodi (3 fertige und 2 User-Setups), Voll-LED, 6-Achsen IMU, Schräglagensensorik mit Eingriff auf Traktionskontrolle und ABS, Handy-Connect mit Kartennavigation im Cockpit, E-Gas, Tempomat, Berganfahrhilfe, Reifendruck-Kontrolle, USB-Anschluss, Wheelie- und Stoppie-Control,  Musik-Steuerung und auch der QuickShifter ist bei der ST in Serie an Bord. Das semiaktive Fahrwerk der Standard PanAm gibt es hier zwar nicht, dafür ist die ST aber auch etwas günstiger.

Leider erfordert diese Fülle an technischen Helferlein ein wenig Übung. Die Bedienung ist komplex und erfordert Einarbeitung. Für unsere Begriffe hat Harley auch unnötig viele Schalter verbaut, aber daran gewöhnt man sich sicherlich relativ schnell.

Cool ist auf jeden Fall die Vollkarten-Navigation, die einem richtig schön fett auf dem Display den Weg weist. Man kann die Zieleingabe wahlweise auf seinem Handy oder direkt am Bike vornehmen - und es handelt sich wirklich um eine vollwertige Navigationslösung.

mächtiger Endschalldämpfer an der Pan Am ST Schon der Serien-Endschalldämpfer klingt mächtig.
 
 

So fährt sie sich

Dann mal rauf auf den Bock und Motor an. Herrlich, wie der V2 vor sich hin bollert. Nicht zu laut und nicht zu leise. Das Standgeräusch ist mit 90 dbA recht moderat, subjektiv gesehen klingt die Maschine aber lauter. Dem Motorblock entspringen etwas malmige Geräusche, fühlt sich nach viel Eisen und Mechanik an. Wenn sie dann erst einmal in Fahrt kommt, entpuppt sich die Pan Am aber als durchaus wendiges Eisen.
 
Der Motor mit seinen 152 PS und 127 Nm Drehmoment zieht sauber aus dem Keller bis in hohe Drehzahlen. Punch ist also reichlich an Bord - das bringt schon richtig Spaß, sie zu fordern. Das Fahrverhalten fanden wir auch super, die Maschine ist sehr agil und sie lässt sich mühelos in Kurven legen. Trotz der geringeren Federwege ist die ST keineswegs bretthart. Harley hat aus unserer Sicht genau den richtigen Mix aus Komfort und Sport gefunden. Wir hatten jedenfalls nicht das Bedürfnis, irgendetwas am Fahrwerks-Setup zu ändern.
 
Motor Das ist ihr Herzblatt: Der Revolution Max V2 mit 1.252 ccm, 152 PS und 127 Nm Drehmoment.
 
 
Das Brems-Aufstellmoment ist gering, die Maschine bremst gut und ist insgesamt eher auf der gutmütigen Seite. Natürlich ist die Pan Am kein Anfängerbike, aber trotzdem ist es ein für Harley-Verhältnisse durchaus zugängliches Motorrad. Auch Getriebe und Kupplung arbeiten unauffällig. Als Reifen kommen hier die Michelin Scorcher Sport zum Einsatz. Wir haben die Maschine nicht wirklich ausgewrungen und sind nur bei Trockenheit gefahren, insofern können wir ehrlich gesagt wenig zur Qualität der Gummis sagen. Wie die Profildichte erkennen lässt, handelt es sich aber um sportliche Straßenreifen, die vermutlich bei Nässe nicht mehr ganz so gut in den Asphalt beißen wie bei Trockenheit.
 
Der 1250er Revolution Max fühlt sich ab 3.000 Umdrehungen richtig wohl. Unterhalb von 2.000 Umins findet er es nicht ganz so toll und quittiert dies mit leichten Rucklern. Im Gegensatz zu anderen Harley Motoren wie dem Milwaukee Eight oder den älteren Twin Cams ist dieser V2 aber kein echter Langhuber. Er dreht willig nach oben und bringt auch ein paar mechanische Geräusche mit - was Dietmar richtig cool findet, Volker dagegen nicht. Geschmackssache also, wie so oft beim Charakter von Motoren. 
 
Unstrittig ist allerdings, dass der V2 im Zusammenspiel mit der sportlichen Fahrwerks-Geometrie auch zum sportlichen Fahrstil verleitet. Hier is nix mit Harley cruisen auf der Route 66, hier is mehr Renne und Kurven-Gejaule. Und ab geht der Fuchs! Unstrittig ist übrigens auch, dass der Motor zum Teillast-Ruckeln bei bestimmten Drehzahlen neigt.
 
Bremsen von Brembo: TippiToppi. Bremsen von Brembo: Tipp-Topp.
 
 
Die Bremsleistung der Pan Am 1250 ST ist über jeden Zweifel erhaben. Die beiden Brembo Bremszangen (radial verschraubte 4-Kolben Festsättel) beißen giftig und gut dosierbar in die beiden 320er Scheiben. Auch hinten bremst die ST erstaunlich effektiv, was vermutlich an der recht großen 280er Scheibe liegen dürfte. 
 
Der QuickShifter hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl: Nach unten funktioniert er gut (und weich), nach oben ist er dagegen etwas hakelig. Erstaunlich, normalerweise ist das bei den meisten anderen Motorrädern genau umgekehrt. Man darf diese leise Kritik aber nicht überbewerten: Zum einen sind die Bewertungen bei QuickShiftern häufig ähnlich unterschiedlich wie z.B. die Erfahrungen verschiedener Biker mit dem Windschutz, zum anderen gewöhnt man sich zumeist auch recht schnell an die Eigenheiten eines QuickShifters und richtet sich danach - und dann ist das alles auch kein großes Problem mehr.
 
Noch ein Wort zum Windschutz: Der ist zwar okay, es gibt aber je nach Fahrer spürbare Turbulenzen samt dem entsprechenden Lärm im Helm. Schade, dass die Scheibe nicht einstellbar ist. Hier sehen wir noch Verbesserungspotenzial bzw. einen Grund für den Besuch des Zubehör-Shops.
 
Windschild leider nicht verstellbar.
 
 
Die Garantie der Harley Davidson Pan America 1250 ST liegt bei 2+2 Jahren, der Service ist alle 8.000 Kilometer oder einmal pro Jahr fällig. Als Wettbewerber sehen wir folgende Maschinen: Kawasaki Versys 1100 SE / BMW S 1000 XR / Suzuki GSX-S 1000 DX / Duc Mulitstrada V4 RS oder Pikes Peak. Also allesamt Cross-Over Bikes, die viel Spaß auf der Straße machen und mit denen man auch touren kann - allerdings ohne Gelände-Abstecher.
 
 

Fazit

Die neue Harley Davidson Pan America 1250 ST ist ein herrlich unvernünftiges und eigenständiges Bike. Geländeausflüge mag sie nicht, dafür ist sie auf der Straße aber eine Macht! Der 1250er V2 drückt die Maschine mit Nachdruck nach vorne und dank ihrer sportlichen Fahrwerksgeometrie und der Sitzposition wird man auf einer ST mehr oder weniger automatisch zum Kurvenräuber. Ein paar kleine Kritikpunkte haben wir zwar gefunden (siehe oben), aber das ändert nichts daran, dass uns die ST einen riesigen Spaß vermittelt hat. Geile Karre!
 
Die Testmaschine wurde uns netterweise von Harley Davidson Kiel zur Verfügung gestellt. Dort warten die Pan America 1250 ST und viele andere Harley Vorführer auf Probefahrer. Harley Kiel liegt verkehrsgünstig an der Autobahn und man kann vom Händler mehr oder weniger sofort auf Landstraßen das Bike seiner Wahl ausführen. Ach ja: Die Standard PanAm steht dort ebenfalls als Vorführer bereit. Vielleicht beide mal hintereinander fahren und vergleichen?

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 19.990 €
  • Verfügbarkeit: seit 03/2025
  • Farben: rot, grau, schwarz
Pro & Kontra
Pro:
  • Motor mit ordentlich Dampf in allen Lebenslagen
  • angenehme, aber trotzdem sportliche Sitzposition
  • komfortables Fahrwerk
  • williges Kurvenverhalten
  • Fahrspaß ohne Ende
  • eigenständige Optik
  • kein Allerwelts-Motorrad
Kontra:
  • Windschild nicht verstellbar
  • Sound nicht jedermanns Sache
  • QuickShifter nach unten gut, nach oben hakelig
  • Teillast-Ruckeln bei bestimmten Drehzahlen
05.2025: Harley Davidson Pan America 1250 ST
Verkaufszahlen (Deutschland)
Gesamt: 2.248 Mid: 37670
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