Kawasaki Meguro S1 im Test

Retro-Entschleuniger mit 18 PS von Kawasaki

Kawasaki Meguro S1 im Test Fotos: Motorradtest.de
 
Mit der neuen Meguro S1 und der W230 erweitert Kawasaki sein Retro-Programm um zwei günstige Modelle mit wenig Leistung. Wie sich die Kawasaki Meguro S1 fährt und was sie so kann, haben Tanja und Dietmar bei einer sehr laaangsamen Probefahrt herausbekommen.

Immer die Ruhe...

Könnt Ihr das Wort "Entschleunigung" auch nicht mehr hören? Wir auch nicht. Dummerweise passt es bei der Kawasaki Meguro S1 aber wie die Faust aufs Auge. Mit lediglich 18 PS könnte die Meguro auch gut als 125er durchgehen. Sie ist ein Retro-Klassiker reinsten Wassers - und das Kawasaki das kann, hat man ja bereits mit der W800 bzw. der W650 (Gott habe sie selig) bewiesen.
 
Neben der hier getesteten Kawasaki Meguro S1 für 5.945 Euro gibt es auch noch eine Kawasaki W230 für 5.245 Euro. Die Unterschiede sind rein optischer Natur: Die Maschinen sind unterschiedlich lackiert, die Ziffernblätter anders gestaltet und die günstigere W230 hat nicht nur ein anderes Emblem am Tank, ihr fehlen auch die Tankpads der Meguro und die Sitzbank ist gesteppt. Beide Bikes haben wunderschöne Drahtspeichenfelgen und einen noch schöneren Peashooter-Auspuff. Warum die Meguro nun 700 Euro teurer ist, erschließt sich uns nicht. Technisch gesehen ist jedenfalls alles gleich - wir würden daher die W230 nehmen.

Farben Kawasaki W230 und Meguro S1
Farben: Links die W230 mit blau lackiertem Tank, rechts die Meguro mit verchromten Tank in "Ebony".
 
 

Abmessungen und Sitzprobe 

Die Meguro S1 ist ein kleines Motorrad - zumindest fühlt sie sich so an. Für kleinere bis mittelgroße Menschen wie Tanja ist alles okay, für größere Typen wie z.B. Dietmar fühlt es sich aber an wie auf einem Mofa. Allerdings mögen wir Mofas, insofern... Die Sitzbank sieht größer aus, als sie ist. Für zwei Personen wird es schon etwas eng auf der Kiste, aber zu zweit wird man sowieso eher selten fahren wollen, doch dazu später mehr.

Die Sitzhöhe von 740 mm und das Gewicht von lediglich 143 kg (fahrfertig!) kommt kleinen und nicht so kräftigen Leuten sehr entgegen. Die Meguro lässt sich rangieren wie ein Fahrrad und auch Kurzbeiner haben mit diesem Gerät zu 100% einen sicheren Stand.
 
Sitzprobe Meguro S1
So gechillt sitzt es sich auf der Kawasaki Meguro S1
 
 

360 Grad Rundgang um die Kawasaki Meguro S1

Cockpit Meguro S1 LED Beleuchtung vorne Klassische Beleuchtung hinten

Technikverweigerung an der Kawasaki Meguro S1

Die Meguro (und die W230) hat zwei analoge Instrumente für Geschwindigkeit und Drehzahl. Das winzige LC-Display zeigt folgendes an: Kilometerstand, Uhrzeit und Tageskilometerzähler - fertig. Keine Ganganzeige, kein Benzinfüllstand oder sonstige Infos. Neigt sich der Tank Richtung Reserve, erinnert ein Lämpchen daran, die nächste Tanke aufzusuchen. Geil, wie früher!

Außer ABS findet sich hier auch nichts an technischen Helferlein. Braucht man an diesem Bike auch nicht, insofern ist das alles nicht so schlimm. Tanja hätte sich allerdings eine Warnblinkfunktion gewünscht, aber die gibt es auch nicht. Verzicht ist hier eine Tugend!

Auch beim Licht folgt Kawasaki dem klassischen Anspruch. Der Hauptscheinwerfer ist natürlich kreisrund und sieht richtig schön aus. Überraschenderweise ist hier sogar LED an Bord - aber eben auch nur beim Scheinwerfer vorne. Hinten finden wir eine Glühlampe, das gilt auch für die Blinker. Ganz ehrlich: Ich hätte mir sogar einen H4-Scheinwerfer vorne gewünscht, obwohl das LED-Licht vorne natürlich einen nicht ganz unwichtigen Sicherheitsaspekt darstellt.

Pea-Shooter Auspuff an der Meguro S1 von Kawasaki Wunderschöner Peashooter-Endschalldämpfer an der Kawasaki Meguro S1
 

So fährt sie sich und so klingt sie

Beim Soundcheck können wir uns zunächst gar nicht auf den Sound konzentrieren, so schön ist der Peashooter-Auspuff. Man kann sich darin spiegeln und zur Not vermutlich auch ein Spiegelei darauf backen. Der Sound selbst ist - naja, wie bei einem Einzylinder mit 233 Kubik halt. Klingt etwas dünn, hat aber trotzdem Charakter. Soundcheck wie immer rechts oben...
 
Jo, dann geht's mal los mit der Probefahrt. Seitenständer rein, 1. Gang rein und --- schon geht die Kiste aus. Oh, Seitenständer war doch nicht drin. Das ging uns beiden anfangs oft so, bis wir gemerkt haben, dass der Ständer richtig eingeklappt werden muss. Und dann geht sie ab, die wilde Fahrt auf der Meguro. Fast. Wild ist hier allenfalls die Frisur, falls man den Helm vergessen hat. Das kann schnell passieren, denn irgendwie fühlt das cruisen mit der Meguro mehr nach Fahrradfahren an als alles andere.
 
Einzylinder Motörchen mit 233 ccm und 18 PS
Einzylinder Motörchen mit 233 ccm und 18 PS
 
 
Das wunderbare daran ist: Man versucht gar nicht erst, schnell zu fahren. Wie Dietmar bei seiner Probefahrt zu erklären versucht, erzeugt der Verzicht der Meguro auf sämtlichen Tamtam ein ganz besonderes Fahr-Erlebnis. Man dödelt so vor sich hin und genießt das Leben. Schwer zu beschreiben, ist aber wirklich so. Selbst gestandene Power-Fahrer werden feststellen, wie wunderschön auch das langsame Bewegen eines Motorrads sein kann. Komme ich heute nicht, komme ich halt morgen - ist doch auch egal, Hauptsache ich komme an.
 
Wir verzichten an dieser Stelle auf Dinge wie Fahrwerk, Bremsen, Kurvenlage, Motorleistung etc. Das spielt bei der Meguro nämlich alles überhaupt keine Rolle! Und natürlich ist es auch völlig schnurzpiepegal, dass die Kawa keine Traktionskontrolle, Fahrmodi oder Kurven-ABS hat. Wozu denn auch?! 
 
Nissin Bremsen vorne
Einzelscheibe und Nissin 2-Kolben Bremszange vorne
 
Vielleicht noch ein Sätzlein zum Qualitätseindruck der Maschine. Sie ist zwar einfach gemacht, aber keineswegs schlecht. Gut, die Hebel sind nicht einstellbar, der Lenker ist nicht konifiziert, die Schwinge und die Telegabel sind sehr, sehr konventionell ausgeführt, aber wen juckt das? Die Maschine bremst, sie ist komfortabel und bringt mich von A nach B. Mehr wollte ich doch auch gar nicht. Oder anders gesagt: Wer mehr will, der ist hier falsch. Die Meguro fährt übrigens maximal 115 km/h und hat eine Reichweite von 480 Kilometer bei einem Verbrauch von lediglich 2,5 Litern auf 100 Kilometern. Das schont die Nerven und den Geldbeutel...


Fazit

Wunderbar, dass Kawasaki im Jahr 2025 so eine Maschine auf den Markt bringt. Sie predigt mit jeder Faser ihres Daseins den Verzicht auf so gekonnte Weise, dass man sich für hochmoderne und komplizierte Motorräder fast schämt. Die Meguro S1 erinnert uns daran, was Motorradfahren eigentlich ausmacht: Der schöne Klang aus einem schönen Auspuff eines schönen, luftgekühlten Einzylinders, der frei sichtbar in einem schönen Motorrad hängt. Klarer Fall -> das ist nur was für Ästheten und Langsamfahrer. Info für nervöse Heizer: Geht bitte weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Jedenfalls nicht für Euch.
 
Die Testmaschine wurde uns im Rahmen der Kawasaki-Wochen bei Motorradtest.de von Heller & Soltau zur Verfügung gestellt. Dieser Kawasaki-Händler befindet sich im schönen Sankt Michaelisdonn in Dithmarschen. Wer dort den Vorführer der Meguro S1 zu einer Probefahrt ausführen möchte, dem empfehlen wir eine entspannte Ausfahrt zum Meldorfer Hafen. Dort ein wenig Kaffee & Gebäck und dann gemütlich zurück zu Heller & Soltau - das Leben kann doch so wunderbar sein!

Preis/Verfügbarkeit/Farben/Baujahre

  • Preis: 5.695€
  • Verfügbarkeit: seit 2025
  • Farben: Schwarz (W230: Blau)
Pro & Kontra
Pro:
  • sehr leicht
  • einfaches Fahrverhalten
  • nichts lenkt ab
  • schöne Retro-Optik
Kontra:
  • Leistung reicht nur zum Bummeln
  • Sitzposition für große Leute etwas kurz
  • zickiger Seitenständer
04.2025: Kawasaki Meguro S1 im Test
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